Dieser Beitrag ist noch in Bearbeitung, womöglich wird hier noch etwas verändert.
Was braucht man um einen PC mit Trockeneis zu kühlen?
Kurzfassung:
Etwas Mut und/oder Wahnsinn
Rechne damit, dass du Dinge auf kurz oder lang kaputt machen wirst!
Wer schon einmal einen PC übertaktet hat oder sich Anleitungen und Hinweise angesehen hat wird einige Dinge schon kennen, andere dürften neu sein.
Was kann/wird wie kaputt gehen?
- CPU, RAM, Chipset,GPU…. durch zu hohe Spannungen können diese Schaden nehmen, das zeigt sich meistens dadurch, dass eine immer höhere Spannung benötigt wird um den selben Takt zu erreichen (R.I.P. R9 390x, FX-8350)
- Spannungswandler… sind zwar eigentlich thermisch gut mit der eiskalten CPU verbunden können unter Last aber trotzdem überhitzen
- BIOS/UEFI/CMOS…versucht man BIOS-Einstellungen auf dem CMOS-Chip zu speichern während das System sehr instabil läuft, kann es passieren der Chip mit defekten Daten überschrieben wird (BIOS-Corruption)
- Datenspeicher… instabil heisst instabil! Auch kann ein zu hoher Bustakt oder zu hohe Spannungen alle angeschlossenen Geräte beeinflussen (R.I.P. 16 GB Sandisk USB 3.0 Stick)
- CPU, Sockel, Mainboard… so ein 1-4Kg Schwerer Kühlpot der mit Gewindestangen angeschraubt wird hat doch keinen zu hohen Anpressdruck! (R.I.P. MSI Z270 SLI Plus)
- Netzteil, Kabel, PCIe-Slot… 1,21 Gigawatt?! ….Die meisten Grafikkarten beziehen (auch) über den PCIe-Slot Strom….
- Finger… -78,5°C sind halt kalt und mit Handschuhen die Tastatur bedienen ist doof (Gute Besserung kleiner Finger!)
- Mainboard… Um es zu verbildlichen: hol dir ein kühles Getränk aus dem Kühlschrank und stell es auf Stück Küchenpapier, stell dir vor das Küchenpapier wäre dein Mainboard (ganz schön nass!)
- kleiner Zeh… Renn nur oft genug hin und her um Trockeneis aus der Kiste zu holen, irgendwo wirst du hängen bleiben (Geheimtipp: Schuhe!)
- Lüfter, Finger… der klügere gibt nach (R.I.P. Corsair SP140)
- alles was man beim vorbereiten in der Hand hat… ob man jetzt nun 2 linke Hände hat oder einfach nur Pech, irgendwas passiert immer
Einen PC
Wer möchte darf auch gerne sein Smartphone mit Trockeneis kühlen, viel Spaß dabei ! Aber bitte berichten!
Für alle anderen Wahnsinnigen/Mutigen gibt es trotzdem noch ein paar Hinweise:
Auch wenn man nicht direkt sein X€ teures Gaming-Herzstück den brutalen Overclocking-Tod sterben lassen will, ist die OEM-Office-Möhre, die man mit den Worten “Nimm mit das Ding!” umsonst bekommen hat nicht unbedingt die klügste Wahl.
Welche Teile braucht man eigentlich wirklich:
- ein gutes Mainboard: hier sollten die Spannungswandler lieber etwas größer dimensioniert sein. Das Bios muss einem die Möglichkeit bieten Spannungen und Taktraten anzupassen, umso mehr man einstellen kann umso besser! (Z oder X Serien Chipset wäre von Vorteil)
- eine CPU: ein offener Multiplikator wäre sehr begrüßenswert, manche ältere Intel-CPUs lassen sich mit dem richtigem Mainboard aber auch sehr gut über den Basistakt übertakten
- Arbeitsspeicher: weniger ist hier mehr, umso mehr Speicherchips im Spiel sind umso instabiler wird es, Dual-Rank-Module sind nicht zu empfehlen, auch mehrere Riegel Pro Speicherkanal machen mehr Ärger als sie Leistung bringen
- eine Grafikkarte: egal ob man Grafikbenchmarks machen möchte oder nicht, empfiehlt es sich einerseits, da man dann sehen kann was man tut, und andererseits um zu verhindern, dass eine möglicherweise vorhandene iGPU die CPU stört und die VRM vom Mainboard belastet
- Laufwerk(SSD/HDD): nicht zwingend notwendig, wenn die Settings zu instabil zum booten sind. Ein Sauberes aufgeräumtes Windows wäre gut, möglichst hat man vorher alle nicht zwingend notwendigen Dienste deaktiviert, die Kosten nur Leistung und können schlimmsten falls für Abstürze sorgen
- USB-Stick: spätestens wenn man das Bios neu aufspielen muss, ansonsten praktisch um Screenshots von Benchmarkergebnissen auf einen stabilen PC zu übertragen.
- Thermometer: Sollte mindestens -80°C bis 130°C abkönnen, üblicherweise nutzt man Digitalthermometer mit K-Typ Thermokupplern (K-Type Thermocouplers), nicht alle Mainboards haben Temperaturfühler an den Spannungswandlern, wenige Mainboards können Minusgrade wiedergeben, die wenigsten Mainboards können die Temperatur wirklich genau ausgeben, kein Mainboard zeigt Temperaturen an wenn es aus ist.
- Lüfter: Obwohl die CPU kalt ist, können die Spannungswandler unter Last spontan sehr heiß werden und benötigen einen Lüfter, auch können Lüfter helfen kondensierenden Wasserdampf woanders hinzupusten
- Netzteil: Wer es besonders actionreich mag nimmt das billigste Netzteil das zu finden ist.
Für alle anderen gibt es ein paar Sachen zu beachten:
Die benötigte Wattleistung wird gegenüber dem Standardtakt extrem steigen (Pi mal Daumen bei Trockeneis doppelt soviel+Puffer) man sollte sich hier besser nicht nur nach der TDP richten
die Hauptlast wird auf der 12V Schiene liegen, ein SingleRail Netzteil wäre sinnvoll
Außderm sollte das Netzteil möglichst wenig Spannungsschwankungen auf der 12V Schiene über das gesamte Leistungsband und besonders im oberen Lastbereich aufweisen, da durch diese auch die Spannung an der CPU instabil wird
Solange die Sicherung hält sollte Effizienz egal sein, schliesslich wird man nicht 24/7 Benchmarken - Gehäuse: nicht wirklich erforderlich, ein Mainboard Karton reicht, wer es Schick mag nimmt ein Benchtable
Trockeneis
Was ist das eigentlich? – Trockeneis, auf englisch:dry-ice im OC-Jargon:DICE, heißt Trockeneis, weil es einerseits Kalt ist und andererseits nicht schmilzt sondern direkt gasförmig wird (sublimiert), also trocken bleibt.
Trockeneis ist Kohlenstoffdioxid (CO2) das soweit heruntergekühlt wurde bis es fest ist, die Temperatur bei der es wieder gasförmig wird, liegt unter Normaldruck bei -78,5°C, das sind etwa 115°C Unterschied zur Körpertemperatur(36,5°C), kochendes Wasser hat zum Vergleich nur eine Temperaturdifferenz von 63,5°C! Trotzdem kann man Trockeneis für kurze Zeit ohne Handschuhe anfassen ohne ein schmerzverzerrtes Gesicht zu ziehen, da es direkt verdampft.
Würde man das Trockeneis Lose auf den Prozessor werfen wäre die Kühlleistung allerdings eher minimal (Stock Kühler wäre besser), daher benötigt man eine Art Container den man statt eines herkömmlichen Kühlkörpers auf der CPU montiert und in den man das Trockeneis einfüllt, meistens sind diese aus Kupfer oder aus Kupfer und Aluminium gefertigt und recht schwer, im OC-Jargon werden diese üblicherweise Pot also Topf genannt.
Man kann hier sicher selber so einen Pot anfertigen, oder nimmt recht viel Geld in die Hand und kauft einen LN2-Pot (Ln2: OC-Jargon für Liquid Nitrogen, Flüssigstickstoff), mir bekannte Hersteller wären: EKWB(sf3d),der8auer,Kingpin Cooling
Da Trockeneis allerdings ein Feststoff ist und daher nicht wieder zusammenfließt und überall kleine Luftlöcher wären, kann dieses den Pot nicht ohne weiteres gleichmäßig kühlen.
Als Hilfsmittel gießt man daher Flüssigkeiten die bei -78,5°C noch nicht gefrieren mit in den Pot, ich nutze hierfür Aceton, das ist zwar hochentzündlich, gesundheitsschädlich, löst Plastik und Lacke auf und von den Dämpfen wird einem komisch (hier kommen so langsam die Farben ins Spiel), aber es bleibt sehr dünnflüssig, und ist sogar in der Lage sehr viel Trockeneis zu lösen.
Statt Aceton kann man auch Isopropanol benutzen, das ist nicht ganz so leicht entflammbar und nicht ganz so schädlich, wird allerdings angeblich recht zähflüssig, habe ich aber noch nicht ausprobiert.
In diese ca. -78,5°C kalte Aceton-Trockeneis Mischung sollte man nicht reinfassen! Anders als das Trockeneis alleine, oder Flüssigstickstoff, verdampft -78,5°C kaltes Acteon nicht sofort wo es die Haut berührt, sondern entzieht solange Wärme aus den Fingern bis beides die gleiche Temperatur hat. (an dieser Stelle erwähne ich nochmal die 115°C Unterschied, wer die mal kostengünstig spüren will greife einfach die heiße Fritteuse, die Wirkung ist ähnlich)
Da weder Acetondämpfe noch kiloweise CO2 besonders gesundheitsfördernd sind, sollte man definitiv durchgehend gut Lüften. (ernsthaft: CO2 in den Mengen erreicht in einem kleinem Raum schnell toxische Konzentrationen, bei Acetondämpfen besteht Explosionsgefahr! Flüssigstickstoff wäre da schon wieder um einiges weniger gefährlich, da explodiert nichts man erstickt nur….)
Wer jetzt noch nicht abgeschreckt ist, fragt sich vielleicht wo man Trockeneis herbekommt:
die teuerste Variante ist wahrscheinlich CO2 Feuerlöscher in Kissenbezüge zu entleeren
ansonsten kann man Trockeneis tatsächlich in Onlineshops bestellen oder eventuell hat man einen Gashändler in der Umgebung der Trockeneis anbieten, es Soll auch spezielle Reinigungsfirmen geben die Trockeneis einsetzen und verkaufen.
Es gibt verschiedene Darreichungsformen:
Als Blöcke, die müsste man dann selber klein hauen, verdampfen aber bis dahin nicht so schnell
oder als verschieden große Pellets, am besten fand ich bisher die Pellets in 1,5mm und in 2mm Durchmesser, bei den größeren spritzt das beim Pot runterkühlen extrem und Feindosierung fällt auch aus.
Isoliermaterialien
Prinzipell nutze ich 2 Arten von Isoliermaterial: gegen Temperatur und gegen Strom.
Da ich mit dem Trockeneis nicht nur die Wohnung kühlen (und auf lange Sicht das Klima erwärmen) will, Isoliere ich den Pot rundherum mit Heizungsisoliermaterial aus Kautschuck, speziell Nutze ich Armaflex in 19mm Stärke, weniger würde sicher auch gehen und ein andere Produkt wie K-Flex sollte auch funktionieren. Außerdem isoliere ich damit die Unter- und Oberseite des Mainboards rund um den Sockel, da dieses auch gegen Luftfeuchtigkeit abdichtet und sich dadurch weniger Kondenswasser ansammelt. Es Gibt sicher auch Schlauchabschnitte in einer Größe die man über den Pot stülpen könnte, ich habe stattdessen einfach von der Matte die ich schon für das Mainboard benutzt habe, einen Streifen zugeschnitten, herumgelegt und mit Armaflexklebeband verklebt. (Die Isolierung für den GPU Pot habe ich nur aus dem Klebeband gebaut )
Das Mainboard wird rund um den Sockel großflächig elektrisch isoliert,damit sobald Kondenswasser auf das Mainboard kommt das nicht sofort zu Kurzschlüssen führt.
Dazu habe ich bereits Knetradiergummi benutzt, dass man relativ leicht wieder abbekommt und wiederverwenden kann und PlastiDip was theoretisch wieder runter gehen sollte aber nicht wiederverwendbar ist, anders als andere habe ich hier nicht das “Liquid Electrical Tape” von PlastiDip benutzt sondern das Standard-PlastiDip, mit dem man auch Griffe von Werkzeugen gummieren kann (no risk no fun)
Auf Grafikkarten habe ich hierfür Vaseline Benutzt die ich mit einem Pinsel aufgetragen habe und mit einem Föhn angewärmt und dadurch noch besser verteilt habe. (Die flutscht die Karte!)
Tücher und Gummis
Um Kondenswasser aufzufangen verwende ich Küchenpapier oder andere saugfähige Einwegtücher, die noch einmal um den Pot herumgelegt und mit Gummibändern befestigt werden. Um den CPU-Sockel Herum kann man auch noch Küchenpapier oder auch zerschnittene Slipeinlagen legen.
Dieser Beitrag wurde von Pingo einem Mitglied der PC Hardware Community Gruppe geschrieben.
Wir bedanken uns ganz herzlich für diesen Beitrag!